kreiert von
Markus Wolf

Hosenträger

Nach einer sehr umfangreichen und geduldigen Beratung durch Euch, habe ich meine Hosenträger fertiggestellt.
Mein eigener Vorlagenentwurf hat mich in 75 Tagen (170 Stunden gesamt) zum Ergebnis von 52.000 Stichen geführt.
Gestickt durch Jürgen F. aus Bidingen
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen F.
Erfahrungsbericht:
Kennt Ihr das?
Ich hätte so gerne …. Es ist aber sehr teuer.
Selber machen? Gar nicht so einfach, wenn man so etwas noch nie gemacht hat.
Wer kann mir denn da weiterhelfen?
In früheren Jahren musste man auf Menschen im Umfeld zugehen und fragen bzw. wissen wer Ahnung hat. Im Zeitalter des i-net geht so etwas zwar leichter, führt aber nicht immer zum direkten Erfolg. Wie bei meinem Wunsch nach ein paar gobelingestickten Hosenträgern.
Die erste Frage die sich stellt: Was kostet der Spaß denn von der Stange? Waaas? Fast 500,- Euronen!
Im Nachhinein eigentlich ein Schnäppchen für die viele Arbeit, aber der Reihe nach. Der Entschluß steht fest „Will Haben!“, aber keine Kohle!
Also wer kann mir so etwas sticken? Das nähere Personenumfeld war eine „Nullnummer“. Selbst wenn ich jemand gefunden hätte, wäre die Bereitschaft nur seeehr bedingt vorhanden gewesen. Also selbst ist der Mann. Das ist leicht gesagt. Können vor Lachen.
Also wieder das i-net durchstöbert und eine Anleitung gefunden. Vorlagen gefunden (nichts hat gefallen). Die Information, dass ein Säckler das „Aufledern“ übernimmt, führte mich zum SmV (Säckler meines Vertrauens). Von ihm bekam ich bereitwillig Auskunft und eine paar gute Tipps.
Deckungsgleich mit meinen Recherchen auch den Hinweis auf ein Ladengeschäft für Stramin, Sticktwist und Vorlagen.
Da ich mir eine eigene Vorlage zimmern wollte, war wieder guter Rat gefragt. Kariertes Papier in Hülle und Fülle voll gemalt und radiert bis es nach verbranntem Gummi roch. So wird das nix! Also der Computer soll’s richten. Sticksoftwaresuche negativ – also excel könnte funktionieren. Das war schon einmal ein Anfang. Mit diesem „Werkzeug“ kam ich zu meinem ersten Entwurf und im Laufe von einigen Tagen zu einem brauchbaren Zählmuster. Ach ja zählen. Wieviel Garn benötige ich für wieviele Stiche? Das Programm könnte ja auch einmal für mich die einzelnen Farbstiche zählen. Oh je, wie viele Stiche sind das dann komplett? 50.000 ?? Wer soll denn die alle machen. Ich etwa?
Von berufswegen beschäftige ich mich mit Arbeitsvorbereitung und den damit verbundenen Berechnungen von Arbeitszeiten für komplexe bzw. Einzelarbeitsschritten. Nach kürzester Zeit kam ich per Überschlagsrechnung auf eine Fertigstellungszeit von mehreren Monaten, bei Zugrundelegung von 1h Stickzeit pro Tag. Das war ernüchternd. Aber der Will-Haben–Faktor war immer noch größer als die Abschreckung vor monatelanger Arbeit.
Also den Weg zum Ladengeschäft für Stickbedarf genommen und mein Anliegen vorgebracht. Mir sehr viel Geduld und ein paar sehr brauchbaren Hinweisen mein Stickmaterial vom Herrn hinter der Theke erhalten. Zu beachten sei, dass auf der Trägervorderseite die Blumen aufrecht stehen und auf der Schulter ein maßgerechter Wendepunkt eingehalten werden muß, ab dem die Blumen gedreht gestickt werden. Des Weiteren sei es wichtig, dass die Blumenbilder auf dem linken zum rechten Träger gespiegelt sein müssen.
Zu Hause festgestellt: Alter Mann was nun? Die Arme waren selbst mit Gleitsichtbrille zu kurz. Nach dem x-ten Mal zurücksticken und auftrennen wegen Verzählens. So geht’s nicht weiter. Diesmal war nicht der gute Rat, sondern die beleuchtete Leselupe teuer. Aber was soll’s, die bleibt einem für andere Arbeiten ja erhalten. Jetzt machte die Stickerei Spaß, denn es ergab ein schönes Bild. Nach dem ersten Blumenmotiv habe ich die Rückseite angesehen und war schockiert. So hat das bei den Mustern nicht ausgesehen, die mir im Stickladen und beim Säckler gezeigt wurden. Was habe ich denn da verkehrt gemacht? Die Anleitung nochmals recherchiert und die vielen guten Ratschläge Revue passieren lassen. Dann kam mir die Erkenntnis, warum guter Rat teuer ist. Wenn man ihn nicht beachtet, wird’s teuer. In meinem Fall – auftrennen. Denn nach Auskunft meines Säcklers (das Grinsen war schon fast unverschämt), wäre das nicht die Qualität die brauchbar wäre.
Wieder zu Hause habe ich das häufigere Vernähen und nicht so weite Stichsprünge beherzigt. Jetzt ging es zwar etwas langsamer voran, aber dafür sah es auch auf der Rückseite deutlich besser aus. Um eine Übersicht über meinen Arbeitsaufwand zu besitzen, habe ich meine Stickzeiten notiert, was mir meine Zeitplanung wesentlich erleichterte. Was ich allerdings nicht zu ahnen gewagt hätte, was für einen Rausch sich nach dieser Arbeit bilden kann, dass es fast schon Suchtcharakter annahm. Dies gipfelte im Weihnachtsurlaub darin, dass es Tage gab, an denen ich 6 Stunden gestickt habe. So kam ich früher zum Ziel, als es jede Planung erlaubt hätte.
Nach 75 Tagen bzw. 170 Stunden sticken war es soweit. Der Gang zum Säckler stand an. Voller Stolz legte ich mein Werk auf die Werkbank des SmV. Nach reichlich Lob für die Einhaltung des Qualitätsniveaus, wurde mir ein Fertigstellungstermin zugesagt. Nach dem Durchhaltevermögen wird nun meine Geduld auf die Probe gestellt, denn ich freue mich schon wie Bolle (auch wenn ich nicht weiß wer das ist).


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